Die Reden zu #25JahreWiderstand

Am Dienstag, dem 4. Februar 2025, war wieder Donnerstag. Wir waren 30.000, die fix zam gegen Rechts gezeigt haben, dass wir nicht müde und nicht weniger werden, 25 Jahre hin oder her, gemeinsam ein Zeichen gegen Blau-Schwarz zu setzen. ✊🌈❤️

Für diese eine Donnerstagsdemo haben wir es einmal anders gehalten. Wir haben diesmal die Reden selbst gehalten und uns auf zwei beschränkt. Es sind zu viele gesellschaftliche Gruppen, die jetzt ganz akut und direkt von der drohenden Politik einer Blau-Schwarzen Regierung betroffen sind. Seht euch an, wer aller in den ersten sechs Monaten der „Wieder Donnerstag“ Demos von Oktober 2018 bis April 2019 bei uns gesprochen hat. 🫂

Marty und Sheri von Do! halten die Rede zur Auftaktkundgebung am Ballhausplatz

Rede von Marty & Sheri, Auftaktkundgebung

Wir sind heute zusammen, wie schon vor 25 Jahren, um gegen eine rechts-rechte Regierung zu demonstrieren. Wir sind heute zusammen, weil wir – 30 Jahre nach dem Bombenattentat in Oberwart – gegen alle Formen der Gewalt und der Entmenschlichung aufstehen. Vor 25 Jahren war es Haider, heute ist es Kickl, immer war es die ÖVP, mit Schüssel, Kurz und jetzt Stocker, die bereit waren, für ihren Machterhalt ihre eigenen Grundsätze, ihren Kompass und Werte über Bord zu werfen. Es scheint, als würde die Welt in die Hände von Despoten fallen, von Oligarchen Gendern nicht nötig , die, nachdem sie viel Geld gemacht haben, nun ganz offen und nicht hinter verschlossenen Türen, die Macht an sich reißen wollen.

Doch überall regt sich Widerstand: In Serbien, unweit in Bratislava, in Ungarn, in Deutschland und heute hier ergreifen wir das Wort und den Raum, um Nein zu sagen. Wir sagen nein, zur drohenden Gewalt der Entmenschlichung, der Spaltung, der Abschiebung, nicht nur von Verantwortung, der Gleichschaltung, der Gewalt durch Angstmacherei.
Menschenrechte sind unverhandelbar, sie sind Grundrechte! Wer die Grundrechte aushebeln will, will ein tiefes, braunes Loch graben, in das er alles hinein werfen kann. Wir stehen hier, um die Grundrechte, die Basis unserer Demokratie, die Lehre aus der Shoa zu verteidigen. Wir müssen die Brandmauer sein, wir müssen die Menschenrechte verteidigen, weil wir Menschen sind und weil wir sehen, dass jeder hier ein Mensch ist. Die Unteilbarkeit der Menschenrechte zwingt und ermöglicht uns, das Menschliche jeden Tag neu zu sehen.

Wer ein braunes Loch graben will, fühlt sich auch wohl in den Bier getränkten Buden der Deutsch-Nationalen. Wer ein tiefes braunes Loch graben will, ergötzt sich am Leid der anderen Leute glaubt, dass es ihm oder ihr besser geht, solange es anderen schlechter geht. Unsere neue Identitätspolitik ist eine alte universelle Identitätspolitik! Wir anerkennen uns gegenseitig, wir kämpfen für uns auf allen Ebenen, wir lassen niemanden zurück, weil wir an die Universalität der Menschenrechte glauben. Wir glauben, dass alle, die hier sind, von hier sind. Egal, ob sie ein Kopftuch tragen oder eine Kippa oder lieben, wen sie wollen, egal ob sie eine diverse Geschlechtsidentität oder sexuelle Orientierung abseits der Normvorstellungen haben, egal ob sie sich um das Klima sorgen und für den Umweltschutz aktiv sind egal, ob sie von Armut betroffen sind und sich wehren gegen das nach unten treten. Selbst nicht nach unten treten, das ist uns nicht egal.

Wir werden uns alle brauchen. Wir werden unseren Mut brauchen. Wir werden viel Humor brauchen. Wir werden viel Lust am Widerstand brauchen. Wir werden viele Sprachen brauchen. Wir werden viel Wissen und unsere Communitys brauchen. Wir werden nicht allein sein. Wir werden zusammen sein, fix zusammen.

Mit aller Ernsthaftigkeit: Faschismus scherzt nicht.

Und einmal errungene, mit viel Leiden bezahlte Rechte können ausgehebelt und Menschen wieder in ihre Würde zB rassistisch oder transfeindlich verletzt werden und Menschen in die Flucht getrieben werden. Was anfängt als Politik der Schikane Bezahlkarte, kein Zuverdienst bei Arbeitslosengeld führt zur Kriminalisierung von Armutsbetroffenen. Siehe Ungarn.

Mit aller Ernsthaftigkeit: Faschismus scherzt nicht.

Er treibt uns mit großen Gefühlen vor sich her mit Angst vor der Gewalt und aber auch mit Lust. „Hoffentlich geht es anderen bald schlechter als mir.“

Mit aller Ernsthaftigkeit: Faschismus scherzt nicht.

Er zögert nicht, Medien aus- und gleichzuschalten, und uns auf allen Kanälen mit neuen Wahnsinnigkeiten zu fluten, bis wir nicht mehr können und stumpf werden, uns zurückziehen und abtauchen.

Doch jeder und jede kann etwas tun! Etwas tun, heißt nicht alles zu tun! Deine Möglichkeiten mögen klein sein, aber lass‘ sie nicht verstreichen! Stütze Institutionen und ziehe sie zur Rechenschaft. Verteidige Rechtstaatlichkeit. Ermutige dich und andere, unser aller Rechte in Anspruch zu nehmen. Spende an Rechtshilfe und Menschenrechtsverteidiger:innen. Engagiere dich in deiner Nachbarschaft. Rede mit Leuten. Wundere dich laut über den Zustand der Parteien, über ihre Freunderlwirtschaft und ihre Selbstverständlichkeit, sich das Land aufzuteilen. Verlange Besseres für alle. Rede mit Menschen in der ÖVP und träume laut von Solidarität. Sei fröhlich, und verlange eine Sprache des Respekts. Halte die Wahrheit hoch, die ganze Wahrheit und sei misstrauisch gegenüber Halbwahrheiten, die nur getarnte Halblügen sind. Duck dich nicht weg! Bleib aufrecht! Lese und recherchiere. Sei neugierig, insbesondere dann, wenn sie versuchen, dich gegen andere in Stellung zu bringen. Glaub ihnen nicht, tappe nicht in ihre Fallen. Ihre Fallen sind gepflastert mit Hass und Angst. Bewahre Ruhe und einen klaren Kopf. Kenne deine Werte. Checke deinen Kompass. Lass dich nicht vertreiben, besteh auf deinen Platz und deinen Anteil. Verteidige andere! Verteidige ihre und deine Rechte. Bleib offen für das schon existierende und das kommende Leid. Bleib ein Mensch.

Djamila und Michaela von Do! halten die Rede bei der Abschlusskundgebung vor der ÖVP Zentrale.

Rede von Djamila & Michaela, Abschlusskundgebung

„Endlich Stille über den Krügeln. Jeder Schaden wird ersetzt werden, und zwar jedem, selbstverständlich, auf die Unsrigen, da schauen wir, da schauen wir zu, bis der Krug vor dem Brunnen zusammenbricht, ohne daß jemand klüger geworden wäre.“
(aus: Elfriede Jelinek, Die Krone des Adlers)

Elfriede Jelinek borgt uns in dem von ihr an uns geschenkten Text Worte, die uns so oft fehlen. Wir fragen uns: Wer sind wir und wer sind die unsrigen? Wir kämpfen um eine Gesellschaft, in der wir ohne Angst verschieden sein können. Eine Gesellschaft, die auf solidarischer Gemeinschaft trotz Differenz und nicht auf falscher Einheit und falschen Versprechen basiert.

Vor 25 Jahren waren wir hier zusammen und auf den Schultern von denen, die schon viel länger kämpfen. Wir stehen nach 25 Jahren wieder und noch immer hier um den breiten Konsens gegen rechts aufzuzeigen, auch wenn das Sprechen schwerfällt und die Verhältnisse unfassbar sind. Wir stehen jetzt vor der ÖVP-Zentrale. Wir haben gehört, dass es eine Verhandlungs-”Pause” gibt.
Und wir appellieren an alle in dieser Partei, die von sich behaupten, noch einen Funken Gewissen zu haben; an die, die behaupten, demokratische Werte zu teilen; an alle in dieser Partei, die glauben, Anstand und Gewissen noch nicht über Bord geworfen zu haben; an alle, die Menschenrechte, Demokratie, Freiheit, Gerechtigkeit als zentrale Werte teilen. Macht euch und den Parteikolleg*innen endlich klar: Noch habt ihr eine letzte Chance zu zeigen, auf welcher Seite ihr wirklich steht. Auf der Seite jener, die auf Hetze und Polarisierung setzen, auf rassistische, menschenfeindliche Politik, Ausgrenzung, Manipulation und Korruption – auf der Seite einer FPÖ, die demokratische Grundprinzipien wie Rechtsstaatlichkeit, Minderheitenschutz, Medienfreiheit, unabhängige Justiz, Wissenschaft- und Kunstfreiheit in Frage stellt. Oder auf der Seite, die für eine offene Gesellschaft, Freiheit und Pluralität, für Kunst, Medien, Wissenschaft, für Gerechtigkeit, Menschenrechte – für eine umfassende Demokratie einsteht.

Wer mit der FPÖ regiert, trägt Mitverantwortung.
Für rechte Ideologie und für die Gewalt, die aus ihr wächst – auch für eine Gewalt, die tötet, wie vor genau 30 Jahren in dieser Nacht der antiziganistische Anschlag in Oberwart zeigte, bei dem Karl Horvath, Josef Simon und Peter Sarközi starben. Wir denken hier an sie und morgen wird ihnen mit einer Kundgebung am Ceija-Stojka-Platz gedacht werden. Wer rechte Ideologie stärkt und übernimmt, ist verantwortlich für
für Tausende im Mittelmeer Ertrunkene, für Transfeindlichkeit, für rassistische Übergriffe, für unwürdige Lebensbedingungen von Migrant*innen, für
zunehmende Armut in einem der reichsten Länder, für Ausschluss und Gewalt auf allen Ebenen. Hier und jetzt gibt es kein “Ja, aber”, gilt kein “Zur-Seite-Schauen”, kein “Ein-Auge-Zudrücken, gibt es keinen Kompromiss. 
Für Demokratie, Freiheit, Menschenrechte gibt es nur “Ja” oder “Nein”.

Noch ist es möglich „Ja!“ zur Demokratie und „Nein!“ zu Blau-Schwarz zu sagen und unsere Zukunft mit den mehr als 70% (71,2%) zu gestalten, die die FPÖ nicht gewählt haben. Aber vor allem stehen wir zusammen mit allen von Faschismus und der draus resultierenden Gewalt Betroffenen. Und wir alle können etwas tun: Uns stärken, in der Gewissheit, wir sind nicht allein und wir sind zusammen auch mit allen, die nicht da sind, weil sie müde sind vom Kämpfen, weil sie Fürsorgearbeit leisten, weil die Ratlosigkeit, die Zweifel, die Wut und Betroffenheit zu groß sind. Schaut euch um, nehmt einander wahr hier und überall! Werft einen Blick, gebt einen Händedruck an die Umstehenden, was immer für euch passt. Vergewissert euch: Wir sind zusammen! Hier und jetzt und in Zukunft, was immer auch da kommen mag.

We are together with the thousands who are the Brandmauer who proclaim “Gotovo!”, “Y’en a Marre” and “Nunca mas¡” together and in translocal solidarity with all those who in so many places globally are standing up against fascists and right wing ideologies and inhumane politics and who are fighting for a good life for all. We stand together, we are together and stay together. With different concerns, urgencies and affectedness and the joint vision of a society on solidary principles. Let’s consider where we need to step into solidary alliances. Not only here and today but everywhen and all the time, let’s take care of each other, listen to each other, stay by each other’s side and stand with all those who maybe aren’t here today. Let’s show Zivilcourage and protect each other from violence and discrimination wherever we can. We will need more than coming together here, we will need more to hold against the fascist tendencies in this moment in time. Only the interplay of strategies and forms, millions of small and large acts and gestures and initiatives can and will make a difference. 


Lasst uns gut aufeinander achten, auf unsere unterschiedlichen Betroffenheiten, aufmerksam sein in und für Situationen, in denen Zusammenschluss und Unterstützung gefragt ist. Lasst uns gemeinsam dafür Verantwortung übernehmen, dass alle weniger allein sind und sich sicher bewegen können.
Diejenigen von uns, die vergleichsweise mehr Privilegien haben, lasst sie uns einsetzen, teilen und riskieren, sie zu verlieren, um Teilhabe und soziale Sicherheit für alle zu schaffen.

Wir haben die Alternativen. Wir müssen zusammen arbeiten an einer solidarischen Gesellschaft, die von Fürsorge und Vielfalt geprägt ist.
Es liegt an uns, konkrete Gelegenheiten zu schaffen, die diese Alternativen aufzeigen und für viele erfahr- und gestaltbar machen. Nutzen wir Protest- und Widerstandsmöglichkeiten – es gibt jede Menge und es wird viele weitere geben. Informiert euch. Redet miteinander, hört einander zu, besonders allen, die am stärksten betroffen sind. Und wenn eure Privilegien das erlauben, sprecht mit denen, die noch zu überzeugen sind, das Rechtsextremismus und Faschismus keine Lösungen, sondern nur falsche Versprechen bergen. Egal wie es weitergeht, auch wenn diese Regierung in den nächsten Tagen oder Wochen angelobt werden wird, auch wenn sie glauben, sie können das mit uns machen, wir halten dagegen, versuchen Räume offen zu halten, Räume der Möglichkeiten und des Miteinanders. Zusammen haben wir einen langen Atem, gehen wir weiter Schritt für Schritt in breiter Allianz gegen den Faschismus.

Wir kämpfen weiter für eine solidarische Zukunft und für ein gutes Leben aller und stehen fix zam gegen die Politik der Ressentiments, der Diskriminierung, Ausbeutung und Umverteilung nach oben. Ihr werdet euch noch wundern, wer da aller Widerstand leistet!“